Ist Sprachenlernen mit Apps das Richtige für Sie?

Sprachen lernen mit Apps

Ob an der Bushaltestelle, im Wartezimmer, im Stau oder auf der heimischen Couch – das Smartphone ist immer dabei. Was liegt da näher, als kleine Momente des Leerlaufs im Alltag zu nutzen, um sich weiterzubilden und Sprachen zu lernen? Wenn Sie sich bereits über hilfreiche Tipps zum Sprachenlernen informiert haben, geben Ihnen Sprachlern-Apps zusätzlich die Möglichkeit, unabhängig von Ort und Zeit neue Sprachen zu lernen oder bereits bestehende Sprachkenntnisse zu pflegen.

Der Markt für Sprachlernapps boomt

Waren Apps zum Sprachenlernen noch vor einigen Jahren ein Nischenprodukt, boomt heute das Geschäft mit den Lernsoftware. Sprachen lernen mit Apps ist populärer als je zuvor. Auf dem Markt tummelt sich eine Vielzahl von Anbietern. Diese haben sich entweder auf eine Sprache spezialisiert oder bieten gleich eine ganze Bandbreite von Sprachen an. Der Umsatz des Marktführers Babbel beläuft sich im Jahr 2017 auf 84 Millionen Euro mit über einer Million aktiver Nutzer. Weltweit sind mehrere hundert Millionen Menschen bei einem Anbieter von Sprachlernapps registriert.

Was taugen die Apps wirklich?

Wenn immer mehr Menschen mit Apps Sprachen lernen, sprechen dann dank Babbel und Co immer mehr Menschen eine Fremdsprache? Was taugen die Applikationen wirklich und welche Vorteile haben sie gegenüber den klassischen Methoden des Fremdsprachenlernens? Gehören Präsenz-Sprachkurse und Lehrbücher bald der Vergangenheit an? Welche Anbieter es gibt und welche Apps für Ihre Sprachlernziele am besten geeignet sind, erfahren Sie in diesem Artikel.

Die Giganten – Was bieten Babbel und Duolingo?

Mit Babbel können Sie die gängigsten europäischen Sprachen lernen, darunter Spanisch, Polnisch, Italienisch und Schwedisch. Wählen Sie Deutsch als Ausgangssprache, stehen Ihnen außerdem Russisch, Türkisch und Indonesisch zur Auswahl. Die in Deutschland beliebteste App zum Sprachenlernen wirbt damit, die Sprechfertigkeiten ihrer Nutzer zu trainieren. Abhängig davon, was Sie als Ihre Lernmotivation festlegen, können Sie angeblich schon bald im Urlaub, im Beruf oder mit Familienmitgliedern in der Zielsprache plaudern. Nachdem Sie Ihre Wunschsprache gewählt haben, entscheiden Sie sich für einen Kurs.

Für Englisch ist das Kursangebot am größten, hier können Sie zwischen Anfänger- und Mittelstufenkursen, Grammatik, Business English und Landeskunde wählen. Möchten Sie sich auf eine Fertigkeit konzentrieren, haben Sie die Wahl zwischen Hören und Sprechen sowie Lesen und Schreiben. Die Kurse sind in Lektionen zu verschiedenen Themenfeldern gegliedert. Für Business English bietet Babbel 15 Lektionen an, mithilfe derer Sie lernen, auf Englisch zu telefonieren, Präsentationen zu erstellen, mit Geschäftspartnern zu verhandeln und die Buchhaltung zu machen.

Mit Babbel Fremdsprachen sprechen lernen?

Die Vermittlung der Inhalte ähnelt bei Babbel ein wenig dem schulischen Frontalunterricht, es bleibt wenig Raum für Kreativität und Eigeninitiative des Lernenden. Das Programm gibt gängige Ausdrücke in der Fremdsprache vor, die es dann in verschiedenen Übungsformen variiert. Sie übersetzen Wörter und Phrasen, sprechen Sätze nach und füllen Lückentexte aus. Nicht nur bleibt so die Konversation als wichtiger Teil des Sprachenlernens auf der Strecke, auch die Übungen zum Sprechen und Hörverstehen sind unterkomplex und helfen Ihnen kaum dabei, Ihren Spanisch sprechenden Geschäftspartner zu verstehen.

Ein weiterer Nachteil von Babbel ist die begrenzte Progression. Für die meisten Sprachen werden nur Kurse bis zum Niveau B1 angeboten, lediglich Englisch kann bis zur C1-Stufe gelernt werden.

Positiv zu bewerten sind die Möglichkeit zur freien Zeiteinteilung und der Wortschatztrainer. Der Nutzer hat jederzeit Zugang zu allen Kursen der gewählten Sprache. Die Reihenfolge, in der Sie die Lektionen bearbeiten, bleibt Ihnen überlassen. Ein Wortschatztrainer speichert alle gelernten Wörter und wiederholt beim Vokabeltraining automatisch häufiger die Wörter, die Sie sich nicht gut merken können.

Die App ist nicht kostenlos: Ein Monatsabonnement für eine Sprache kostet 9,95 Euro. Abonnieren Sie gleich für ein ganzes Jahr, beträgt der monatliche Beitrag 4,95 Euro.

Fazit: Babbel liefert Ihnen einen Einblick in Wortschatz, Grammatik und Syntax einer Fremdsprache. Die App versetzt Sie in die Lage, kurze Dialoge über alltägliche Sachverhalte führen zu können. Um eine Sprache wirklich beherrschen zu können, reicht das Bearbeiten der Babbel-Lektionen jedoch nicht aus.

Duolingo

Mit rund 300 Millionen Nutzern ist Duolingo die wohl größte mobile Anwendung zum Sprachenlernen. Im Gegensatz zu Babbel ist die App aus den USA kostenfrei, läuft allerdings mit Werbung. Es gibt die Möglichkeit, für monatlich 7 $ ein werbefreies Jahresabonnement abzuschließen.

Hochvalyrisch und Klingonisch

Mit Duolingo können Sie 35 Fremdsprachen lernen, darunter exotische Sprachen wie Hawaiianisch und Navajo oder Fantasiesprachen wie Hochvalyrisch und Klingonisch – allerdings nur, wenn Sie als Ausgangssprache Englisch wählen. Für Deutschsprachige schrumpft das Angebot auf kümmerliche drei Sprachen zusammen: Englisch, Französisch, Spanisch.

Nachdem Sie einen Account angelegt und sich für eine Sprache entschieden haben, wählen Sie aus den vorgegebenen Möglichkeiten Reisen, Gehirntraining, Schule, Karriere, Kultur o.a., Ihren Grund zum Sprachenlernen. Anschließend legen Sie fest, wieviel Zeit Sie täglich investieren möchten (5, 10, 15 oder 20 Minuten). Die App sendet Ihnen Benachrichtigungen, um Sie an Ihr Ziel zu erinnern.

Haben Sie keine Vorkenntnisse, starten Sie direkt mit der ersten Lektion. Andernfalls machen Sie einen Einstufungstest. Insgesamt gibt es 21 Level, wobei das höchste Level der Niveaustufe A2 entspricht.

Sprachen lernen mit Apps wie Babbel und Duolingo bedeutet: Hier lernen Sie nichts, was über den elementaren Sprachgebrauch hinausgeht. Die Lektionen behandeln verschiedene lebensweltliche Themen, grammatische Regeln, Wortsorten und Ausdrücke. Geübt werden die Fertigkeiten Hören, Schreiben und Lesen. Leider beschränken sich Schreiben und Sprechen auf das Replizieren vorgegebener Sätze, sodass die Kreativität des Lernens auf der Strecke bleibt. Eine häufige Übungsform sind didaktisch nicht sehr wertvolle Multiple-Choice-Fragen. Darüber hinaus können Sie weder die Themen noch die Reihenfolge bestimmen, in der Sie die Lektionen lernen möchten. Die Lerninhalte bauen nicht aufeinander auf, sondern sind eher zufällig angeordnet. Von einer Lernprogression, die die Grundlage eines guten Fremdsprachenunterrichts bildet, kann bei Duolingo nicht die Rede sein.

Positiv hervorzuheben ist hingegen die visuelle Gestaltung: Die App arbeitet mit Farben und zahlreichen Bildern, die den Lernprozess unterstützen.

Fazit: Möchten Sie sich auf spielerische Art den Grundwortschatz einer Fremdsprache aneignen, Rechtschreibung und einfache grammatische Strukturen üben, sind Sie bei Duolingo an der richtigen Adresse. Für kreative und freie Sprachverwendung besuchen Sie allerdings besser einen Sprachkurs.

Intuitives Lernen mit Rosetta Stone

Neben Babbel und Duolingo gibt es eine große Anzahl weiterer Möglichkeiten zum Sprachen lernen mit Apps. Eine der interessantesten ist Rosetta Stone. Die Sprachlernsoftware setzt da an, wo Babbel und Duolingo scheitern: aktives Sprechen und Beherrschen der Sprache. Mittels der „Dynamic Immersion“ genannten Methode lernen Sie die Fremdsprache auf dieselbe Weise, wie Sie auch Ihre Muttersprache gelernt haben, so die Entwickler: Intuitiv, ohne Regeln und Übersetzungen, anhand von Gegenständen und Wortgruppen. Für einen Preis von rund 200 Euro jährlich bietet Rosetta Stone nicht nur eine einfache Smartphone-App, sondern eine komplette Lernumgebung mit virtuellem Klassenraum, Tutor und Austausch mit Muttersprachlern. Damit ist sie zwar die teuerste, aber laut zahlreichen Testberichten auch erfolgsversprechendste Sprachlernapp auf dem Markt.

Vokabelheft 2.0

Haben Sie ein höheres Niveau in einer Fremdsprache erreicht oder möchten Ihren Wortschatz erweitern, eignen sich Karteikarten-Apps wie Anki oder Quizlet. Hier können Sie von anderen Usern erstellte Lernsets herunterladen oder Ihre eigenen Vokabelkarten anlegen. Das Intervall-Wiederholungsprinzip, mit dem diese Programme arbeiten, sorgt dafür, dass Ihnen die zu lernenden Karten in idealen zeitlichen Abständen vorgelegt werden. Somit verlieren Sie keine Zeit und speichern möglichst viele Wörter in möglichst kurzer Zeit in Ihrem Langzeitgedächtnis.

Besser Sprachen lernen mit Apps?

Für Sie ist Sprachen lernen mit Apps das Richtige, wenn Sie sich auf spielerische Weise Grundkenntnisse einer Fremdsprache aneignen möchten. Die meisten Anwendungen werden der Komplexität des Spracherwerbs jedoch nicht gerecht und vernachlässigen die freie Sprachproduktion. Diese üben Sie besser in einem konventionellen Sprachkurs und im Austausch mit Muttersprachlern. Möchten Sie Ihren Wortschatz erweitern, sich unterwegs interessante Wendungen notieren und regelmäßig ihr Wissen abfragen, sind Karteikarten-Apps die richtige Wahl für Sie. Trotz der ständigen Verfügbarkeit und spielerischen Gestaltung der Sprachlernapps können diese nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Lernen von Sprachen Zeit, Mühe und einen langen Atem erfordert – ob mit oder ohne Smartphone.

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